Bau Jütvorrichtung

Selbstbau einer Mastlegeeinrichtung für Segelboote

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Wibo 930 mit halb gelegtem Mast

 

Vorarbeiten zum Projekt

Für das Winterlager wollte ich meinen Mast allein legen. Also beschloss ich mir eine Jütvorrichtung für die Wibo 930 zu bauen. Das Segelboot ‘Nadir’ ist hier genauer beschrieben. Das 9,30m lange Boot hat einen ca. 11m langen Mast, der auch Einiges wiegt. Die auftretenden Kräfte darf man also keineswegs vernachlässigen. Um das Problem genauer zu betrachten, beschäftigte ich mich also zuerst mit der Berechnung der auftretenden Kräfte. Es macht keinen Sinn, die Jütvorrichtung zu labil zu bauen und womöglich den Mast zu beschädigen. Ganz zu schweigen von der Gefahr, die von einer unterdimensionierten Anlage ausgeht. Weiterhin stellte ich mir eine Material- und Werkzeugliste zusammen, um zu sehen, was alles noch besorgt werden musste.

  • Berechnung der Kräfte (Buch)
  • Stahl für die Jütvorrichtung (Zollrohr und Flachstahl)
  • Bolzen, Schäkel
  • Flaschenzug
  • Seile
  • Werkzeug (Schweißgerät, Bohrmaschine, Flex, Schleifer)

 

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Jütvorrichtung abgesenkt

 

Die Berechnungen gestalteten sich anfangs etwas schwierig. Nach einem Buchkauf jedoch erwies sich die Ermittlung der Kräfte als relativ einfach. Als Material sollte unbedingt zölliges Rohr verwandt werden, weil geringere Durchmesser wegknicken können (bezogen auf meine Bootsgröße und Abmessungen). Ein Klick auf das nachfolgende Bild ruft die Berechnungen auf (PDF-Datei in einem neuen Fenster). Da oft Anfragen zum Mastgewicht kamen: Das Mastgewicht geht nur mit der halben Gewichtskraft in die Rechnung ein, da der Mast einseitig aufliegt (ist jetzt ein Hinweis im Formular).

 

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Berechnung aufrufen (PDF)

 

Bau der Jütvorrichtung

Ich habe mich an vorhandenen Jütvorrichtungen beim Bau orientiert. Außerdem wollte ich keine neuen Laschen auf den Bootsrumpf schweißen und nutzte daher zwei vorhandene Beschläge (wahrscheinlich Beschläge für ein anderes Rigg). Ich habe zwei Zollrohre auf die größtmögliche Länge geschnitten (Länge zwischen Beschlag und Bugspitze) und an den vorderen Enden Flacheisen (6mm stark) eingeschweißt. Damit die Flacheisen ordentlich halten, habe ich das Rohr 5cm eingeschlitzt, die Flacheisen, welche etwas breiter waren als das Rohr, hineingesteckt und rundum verschweißt. Die Flacheisen haben ein 10mm-Loch, damit ein 8er Bolzen durchpasst. Der Bolzen soll genügend Spiel haben, damit es keine Verspannungen gibt – also mindestens 2mm größer bohren. Die Flacheisen müssen so gebogen werden, dass der entstandene Winkel wieder ausgeglichen wird. Zwischen die Eisen kommt später noch ein Schäkel. Die Rohrenden treffen also nicht zusammen.

 

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Flacheisen an den vorderen Enden

 

Am anderen Ende der Rohre wird ebenfalls ein Flacheisen eingesetzt. Dieses wird nicht abgewinkelt. Da ich die vorhandenen Laschen am Boot nutzen wollte, benötigte ich zusätzlich ein Adapterstück. Das Ende des Adapters ist eine U-Haltung, in welcher sich die Jüt drehen kann. Diese Drehhalterung muss einmal winklig nach vorn ausgreichtet sein und auch eine Anstellung nach oben erhalten. Der Fußpunkt muss also nach oben und vorn in Richtung zusammenlaufendes Jütrohr gedreht sein. Ich habe bei meiner Jüt zwar den Winkel nach vorn beachtet aber die Kippung nach oben vergessen. Durch größere Bohrungen konnte ich jedoch so viel Spiel schaffen, dass es keine Verspannungen gab.

 

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Flacheisen an den hinteren Enden und Adapter

 

Wichtig für eine Jüt ist ein gemeinsamer Drehpunkt von Mastfuß und Wanten. Die Wanten müssen evtl. auf den höheren Drehpunkt des Mastes gelegt werden. Dies kann durch Bügel auf dem Deck erfolgen. Der Umbau ist aber umfangreicher, da auch die Wanten angepasst werden müssen.
Zur Komplettierung der Jütvorrichtung habe ich dann einen Seilzug zwischen Jüt und Bugbeschlag gesetzt, um den Mast geführt ablassen zu können. Ein starkes Hilfsseil habe ich zusätzlich für die Überbrückung des Seilzuges eingesetzt, damit ich den Seilzug am unteren Stagende ansetzen kann.

 

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Seilzug (schwarz) und Hilfsseil am teilweise abgelassenen Mast

 

Mast legen mit der Jütvorrichtung

Das Boot sollte ruhig liegen, damit seitliche Schwankungen reduziert werden. Im Umkreis des Bootes sollten sich keine weiteren Personen aufhalten. Selbst sollte man nicht unter den Mast treten. Meinen Mast lege ich nach folgender Methode:

  • Jütvorrichtung einbauen
  • Seilzug am Bugbeschlag und an der Vorstagplatte einschäkeln, Seilzug festlegen
  • Hilfsseil an der Vorstagplatte einschäkeln
  • Hilfsseil über den Bugbeschlag führen (Umlenkung) und zur Winsch führen (spannen, festlegen)
  • Babystag lösen, Wanten etwas lockern, Achterstag etwas lockern
  • Vorstag lösen (ab jetzt hängt der Mast nur im Hilfsseil und Seilzug)
  • mit dem Hilfsseil den Mast soweit ablassen, dass der Seilzug auf Spannung geht
  • Hilfsseil über Winsch mit nach vorn nehmen
  • Seilzug lösen und weiter damit ablassen (Hilfsseil lose)
  • Mast bis auf Maststütze legen
  • Mast am Fuß lösen und nach vorn schwenken und festlegen

 

Beim Ablassen des Mastes immer auf Verspannungen durch evtl. hängengebliebene Wanten achten. Durch den Seilzug kann man jederzeit wieder den Mast anheben. Im Nachhinein habe ich festgestellt, dass das starke Hilfsseil (14er) auch allein gereicht hätte. Der Nachteil ist, dass man sich beim Ablassen unter dem Mast befindet (kann man evtl. durch Umlenkung des Hilfsseils Richtung Bug entschärfen). Dann würde die Arie mit dem Seilzug entfallen. Ich gehe aber lieber auf Nummer sicher. Beim Aufstellen braucht man natürlich auch viel weniger Kraft.

 

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Mast ist bis auf die Maststütze abgelassen

 

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Mast ist nach vorn verschwenkt und festgelegt

 

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mit gelegtem Mast ausgekrant

 

Die vorhandene Maststütze am Heck habe ich so umgebaut, dass sich der Mast einfach aber sicher vor und zurück schieben lässt ohne den Heckkorb zu sehr zu belasten. Dazu habe ich eine Strebe mit Gummirollen eingebaut und die Stütze mit seitlichen Halterungen versehen.

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Maststütze (die Holzkonstruktion gehört zu einem Planendach)

 

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eingeschweißte Öse zum Verzurren

 

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Gummiräder als Rollenauflage mit V2A-Achse

 

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oberer Teil der Maststütze

 

Kosten

Noch ein Wort zu den Kosten. Die Jüt hat 30 Euro an Material gekostet. Zusätzlich 30 Euro für das Verzinken. Seilzug, Hilfsseil und Schäkel waren vorhanden. Das Material für die Anpassung der Maststütze hat 15 Euro gekostet (Räder, Ösen).

 

Mast stellen

Hier die Bilder vom Maststellen im Frühjahr. Mit zwei Personen geht es natürlich noch einfacher, da einer immer sichern kann beim Wechseln der Schot und man nicht zwischensichern muss.

 

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Schot mit Zwischenstück eingeschäkelt

 

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Großschot neu einschäkeln

 

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weiter hochziehen

 

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das letzte Stück

 

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Mast steht wieder

 

Ich wünsche allen Skippern immer eine handbreit Wasser unter dem Kiel!

 

2 Antworten

  1. vesab sagt:

    Hallo Peter,

    danke – du hast recht mit dem Durchstieg. Den Mast lege ich aber sehr selten und wenn ich das ganze Zeugs nicht brauche, lasse ich es auch draußen und schippere so los. Sonst kann man auch viel schlechter laufen. Ich mach das Legen eigentlich nur für die Winterpause.

    cu Tom

  2. peter adrian sagt:

    klasse jutvorrichtung. hatte ich auch mal auf unsere Argo ist aber hier in S nicht nötig. Hatte überlegungen über die winschen per umlenkrolle im bug zu jüten.
    bin aber froh das gedönse los zu sein. du siehst meine in der bildgallerie. achtere maststütze, leider verbaust du dir den freien durchstieg in cockpit mit der anordnung. meine ist noch ein provisorium das auch in niro gebaut werden sollte aber provisorien halten ja am längsten… saubere arbeit die du machst.

    Peter/ARGO/ARVIKA

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