Gepäck am Motorrad
Lösungen für den leichten Gepäcktransport
auch ohne Gepäckträger alles dabei (inkl. Zelt)
Gepäckphilosophien
In vielen Jahren habe ich fast alle möglichen Gepäckunterbringungsvarianten ausprobiert. Jede hat ihre Vor- und Nachteile. Im Folgenden möchte ich meine Erfahrungen vorstellen. Für das leichte Reisen mit sehr wenig Gepäck und sehr leichten Maschinen (ohne Schnickschnack) habe ich das Buch ‘Reisen light’ geschrieben. Dort wird jedes Gepäckstück auf Volumen und Gewicht geprüft und es werden Hinweise zu Maschinen und Gepäckunterbringungsmöglichkeiten gegeben.
Ich habe die Möglichkeiten unterteilt in:
- Alu- und Kunststoffkoffer
- Packtaschen mit Halterungen
- Packsäcke
- Rucksäcke
Eine relativ einfache, wenn auch kostspielige Variante sind Kofferlösungen. Mittlerweise gibt es auch Kunststoffkoffer, welche sich für die längere Reise eignen. Bei Winterfahrten muss man allerdings darauf achten, das bestimmte Kunststoffe bei Kälte spröde werden. Hier sind Alukoffer besser. Selbstverständlich sehen Alukoffer auch mehr nach Abenteuer aus, ziehen aber auch Diebe schneller an. In Alukoffern lässt sich eine Menge unterbringen. Außerdem kann man sie relativ sicher verschließen (meist aber nicht mit den originalen Schlössern). An Alukoffer kann man zusätzlich Laschen für Spanngurte anbringen (manchmal schon am Original vorhanden) und so das weitere Gepäck sicher verzurren.Das einzige, was man auf keinen Fall nutzen sollte, sind Topcases. Diese sind sehr hoch und sehr weit hinten am Motorrad angebracht, so dass die Fahrstabilität sehr schlecht beeinflusst wird. Wer solche Teile anbaut, ist selbst daran Schuld und sollte sich nicht über die schlechte Fahrdynamik beschweren. Viel besser sind zusätzliche Packtaschen, welche weniger wiegen und auf der Sitzbank befestigt werden können.
Beim Packen der Koffer darf man folgendes Prinzip nicht verlassen: Schwere Gegenstände grundsätzlich so weit wie möglich unten, vorn und zum Motorrad hin packen. Also immer in Richtung Schwerpunkt. Oben dann die leichten Kleidungsstücke, Schlafsäcke oder Isomatten unterbringen. Ein 5-kg-Gewicht hat unten im Koffer nur sehr wenig Auswirkung auf die Stabilität des Motorrades. Je höher, je weiter außen und je weiter hinten dieses Gewicht verstaut wird, um so mehr wird es sich bemerkbar machen. Das könnt ihr bei unbeladenem Moped sehr gut ausprobieren.
Leider sind die Koffer und die dazugehörigen Kofferhalterungen oft sehr schwer und nicht fernreisetauglich konstruiert. So ein Kofferträger sollte bei einem Sturz eine gewisse Energie aufnehmen können und nicht starr sein. Nachgebende Verbindungen können wieder gerichtet werden. Außerdem wird bei einem Sturz nicht die gesamte Energie an den Rahmen oder das Heck weitergegeben. Eigene Konstruktionen sollten aus leichtem Material (z.B. Flachaluminium ungehärtet, Stahl – nicht überdimensioniert, kein Edelstahl) gebaut werden. Alu sollte dabei geschraubt sein, denn Aluschweißer wird es in der Pampa kaum geben. Stahl lässt sich wiederum an jeder Milchkanne wieder zusammen braten. Ein wenig Schweißkenntnisse sind unterwegs auch nicht schlecht. Geschraubte Träger kann man durch Mitnahme von Ersatzschellen und Schienen fast immer wieder reparieren. Selbst ein Stück Stahl kann als Reparatur in einen Aluverbund eingeschraubt werden. Trotzdem ist das Gewicht einer Kofferlösung sehr hoch. Wenn ich es vermeiden kann, bevorzuge ich immer leichtere Gepäcklösungen.
KTM mit Alukoffern, BMW mit Kunststoffkoffern und Alukiste auf der Sitzgepäckbrücke (Norge 2003)
Packtaschen mit Halterungen
Wer sich auf weniger Gepäck konzentriert, kann auch leichtere Lösungen finden. In Koffer kann man viel hinein stecken. Genau dazu wird man auch verleitet. Nach der Optimierung meines Gepäcks konnte ich dazu übergehen, leichte und kleine Packtaschen aus dem Fahrradzubehör zu benutzen. Die Taschen müssen aber robust und von bester Qualität sein. Ich benutze immer Ortlieb-Taschen und habe damit nur gute Erfahrungen gemacht. Das verwendete Material hält einiges aus. Die Packtaschen müssen irgendwie an die Maschine. Schwere Halterungen machen keinen Sinn und zu kaufen gibt es schlichtweg nichts. Ich habe mir für meine leichten Enduros also wieder etwas selbst überlegen müssen. Meine Taschenhalter habe ich erst aus Alu gebaut (extrem leicht) und nach dem Diebstahl meiner SXC dann aus Stahl (weil ich kurz vor einer Reise stand und keine Zeit mehr hatte für eine Alukonstruktion). Ich überlegte, welche Kräfte ich beim Transport der Taschen abfangen muss und kam zu dem Ergebnis, dass nur die senkrechten Kräfte von belang waren (Winddruck war relativ gering, weil man ja mit den Beinen davor hockt). Natürlich musste ich Stürze einkalkulieren. Ich baute die Halter so, dass die Taschen mit den originalen Quick-Lock-Schellen befestigt werden konnten und bei einem Sturz einfach abrissen. Ersatzschellen hatte ich immer mit (ein Kabelbinder hätte es zur Not aber auch getan), habe sie aber nie gebraucht. Die seitlichen Kräfte fing ich einfach mit einem kleinen Riemen über der Sitzbank ab. Dieses System hat sich in der Praxis bei mir auf vielen tausend Kilometern bewährt. Die Taschen sind also nur oben angehängt und an der Rückseite einfach mit einem großen Stück Klett am Plastik angeklettet. Da ist auch bei wilder Raserei nie etwas verrutscht oder abgefallen.
hier ein sehr leichter Selbstbau-Alubügel für die Packtaschen
volle Packtaschen am Alubügel an meiner ersten SXC
hier ebenfalls in Norwegen – Packtaschen von Ortlieb
Packsäcke
Die einfachste Form des Gepäcktransportes erfolgt mittels Packsack. wer sich wirklich einschränken kann, braucht nicht einmal einen Taschenhalter, sondern benutzt nur einen einzigen Packsack – evtl. noch einen Tankrucksack. Die Verteilung des Gewichts ist indes nicht optimal, da der Packsack relativ hoch angeordnet ist. Trotzdem fährt sich diese Lösung relativ entspannt, was sicherlich an dem reduzierten Gewicht des Gesamtgepäcks liegen wird. Für eine zweiwöchige Reise kann man alles in einen Packsack mittlerer Größe hinein bekommen. Natürlich hat man dann keine Stühle oder etwa Bücher dabei. Gewicht sparen heißt die Devise. Wer weniger mitnimmt ist mehr frei. Der Fahrspaß und die Sicherheit nehmen überproportional zu.
Übrigens, auf der SXC auf den obigen Bildern sind alle Klamotten (Winter!) dabei, sowie einige Lebensmittel, Schlafsack, Fön!, Ladegerät, Lötkolben, Camcorder, 10 Kassetten, Kamera, Ersatzbatterien, Waschzeug, Werkzeug, Auszug Reparaturhandbuch usw. – halt alle Dinge, die man auf einer dreiwöchigen Reise braucht (außer Zelt und Isomatte).
KTM 950SE mit Gepäcksack und Tankrucksack
Rucksäcke
Rucksäcke sind praktisch aber auch gefährlich. Ich würde nie mit einem großen Rucksack auf einem Motorrad reisen – deshalb gibt es auch keine Bilder. Bei einem Sturz kann man sich sehr schnell das Genick brechen und das wollte ich vermeiden. Ein sehr kleiner Tagesrucksack mit wenig Inhalt ist noch akzeptabel – mehr würde ich nicht empfehlen.